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    Lavorazione e intreccio della paglia - Paul Scheuermeier, Archivio AIS, fot. no. 1979
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    L'intreccio delle "binde" di paglia di segale - Fondo Giovanni Bianconi, CDE, Bellinzona
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    Setaccio per la separazione delle paglie secondo la grandezza, forbici e trecce - Fondo Giovanni Bianconi, CDE, Bellinzona
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    Il "bastón dala binda", attorno al quale avvolgere la treccia di paglia per stirarla e misurarla - Fondo Giovanni Bianconi, CDE, Bellinzona
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    Diversi tipi di treccia, a seconda della quantità e qualità delle paglie - Fondo Giovanni Bianconi, CDE, Bellinzona
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    Gruppo di donne onsernonesi con la gerla carica di trecce di paglia - Fondo Giovanni Bianconi, CDE, Bellinzona
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    Creazioni dell'atelier Pagliarte - Stefano Crivelli
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    Cappelli di paglia - Giovanna Ceccarelli
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    Insegna dell'atelier Pagliarte - Stefano Crivelli
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    Gonfalone del comune di Isorno, nato nel 2001 dall'aggregazione di Auressio, Loco e Berzona - Comune di Isorno
  • 1926
    1959
    2012
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Kategorie

Handwerkliches Wissen

TAG

WO

Isorno (Locarno), Ticino - Schweiz

WER

Mancini Francesca Mancini Francesca
(artigiano)

Bearbeiten und Flechten von Stroh im Onsernone-Tal

Seit dem 16. und bis zum 20. Jh. war die handwerkliche Verarbeitung von Stroh für das Onsernone-Tal eine wichtige und unverzichtbare zusätzliche Einnahmequelle neben der Landwirtschaft. Roggen wurde im Tal gewonnen, tatsächlich waren in den vergangenen Jahrhunderten bis Ende des 19. die Hänge der linken Bergseite (der sonnigeren) fast vollständig mit Roggen bepflanzt. Auch die Verarbeitung erfolgt direkt vor Ort: die Garben wurden zuerst gedroschen und drei Mal gewässert und getrocknet, anschließend wurden sie mit Schwefel gebleicht und getrocknet. Das Stroh wurde mit zwölf verschieden großen Sieben (genannt "Discernitt") nach Dicke sortiert, um dann geflochten zu werden.
In der Regel war die Flechtarbeit ("Binda" im örtlichen Dialekt) eine Frauenarbeit. Diese führten diese Beschäftigung sitzend oder stehend aus, auf den Wegen oder Straße, beim Warten auf dem Markt, wie auch im Dunkeln, Alte und Kinder halben ihnen dabei, indem sie das dickste und gewöhnlichste Stroh flochten. In jedem Fall konnten alle im Tal flechten. Nach den Angaben von K. von Bonstetten begannen die Kinder schon mit fünf Jahren die "Binda" zu flechten und mit zwölf verdienten sie sich ihr Brot damit. Auch Lehrer, Priester, sogar Notare flochten in ihrer Freizeit ein wenig. Aus einer Statistik vom Jahr 1871 geht eine klare Arbeitsteilung hervor: 130 Frauen und 10 Männern widmeten sich dem Flechten, 5 Frauen und 135 Männer waren mit dem Nähen von Hüten beschäftigt.
Bevor die Zöpfe zur Anfertigung von Taschen oder Hüten verwendet werden konnten, mussten sie von dem an den Seiten vorstehenden Kurzstroh befreit werden. Diese Arbeit ("Remonda") wurde mit einer Schere, ähnlich der zur Schafschur durchgeführt. Dann wurden die Zöpfe durch eine Mangel gezogen, um sie zu pressen und dadurch flexibler zu machen. Die fertigen und gebundenen Zöpfe wurden von den Frauen mit Tragekörben zu den Märkten in Loco, Russo oder Locarno gebracht, andernfalls wurden "Binde" und fertige Hüte nach Ascona getragen, wo sie über den See nach Arona verschifft wurden.
Der Ertrag dieser Arbeit war allerdings sehr niedrig: noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden 100 Zöpfe für 50-60 Rappen gehandelt. Eine der geschicktesten Frauen, die zwölf bis fünfzehn Stunden am Tag flechten konnte, kam kaum auf einen halben Franken täglich.
Im 19. Jahrhundert wurde die Tätigkeit von wenigen Familien geleitet, diese entlohnten die Arbeitskraft im Akkord (die Frauen beim Flechten und die Männer beim Nähen). Aus der "Binda" wurden vor allem Hüte und Taschen angefertigt, außerdem wurden Stühle geflochten. Die Zöpfe wurden aber auch sowohl auf den Märkten der Nachbardörfer als auch an Händler verkauft. Ein Zeit lang bestanden sogar eine regionale und berufliche Diversifizierung, denn die Zöpfeflechterinnen kamen aus dem oberen Tal (Gresso, Vergeletto, Crana, Comologno), während die Näher und Hütemacher aus Auressio und Loco waren.
Diese Organisation der Produktion, eine Art industrialisierte Handarbeit stellt eine Einzigartigkeit im lombardischen und Tessiner Alpenraum dar. Schon 1597, belegt ein Bericht von Don Giovanni de Gratiis, dem Pfarrer von Loco, die Herstellung und den Verkauf von Strohzöpfen. In der Tat beklagte der Prälat die Tatsache, dass seine Gemeinde sich sonntags dem Verkauf nicht nur von Lebensmitteln sondern auch von Strohzöpfen in der Nähe der Kirche widmete. Dies zeigt deutlich, dass die Strohindustrie im Onsernone-Tal schon zu jener Zeit tief verwurzelt war. Zu Beginn es 17. Jahrhunderts verkaufte man tausende Hüte und hunderte Zopfgebinde, im Jahr 1759 baten die Zöpfeflechter die helvetischen Kontrolleure dringend um eine Verminderung der Abgaben für die Ausfuhr. In einer Mitteilung der Tessiner Regierung vom 17. Juni 1803 an den Hauptfinanzinspektor in Turin heißt es, dass "die Strohhütemacher aus Onsernone den Piemont schon seit Jahrhunderten mit diesem Artikel versorgen, der die einzige Ressource ihres so unfruchtbaren Landes ist". In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden die Zöpfe aus dem Onsernone-Tal Absatz auf den wichtigsten Märkten der Lombardei, des Piemonts, der französischen Schweiz und des Kantons Aargau. Anschließend erreichten die "Binde" aus dem Onsernone-Tal auch die großen Häuser in Lyon, Grenoble, Wien, London und New York. Ab 1870 begannen Produkte aus China und Japan auf den Markt zu kommen, zum Nachteil der kleinen Industrie des Onsernone-Tals, welche der Konkurrenz nicht gewachsen war und einen jähen Untergang erfuhr.
Trotzdem fuhren einige Alte mit dieser Tätigkeit bis etwa 1990 fort, sie nähten und verzierten Zöpfe, die aus dem Kanton Aargau kamen. Im Jahr 2005 entsteht auf Initiative einiger junger Frauen die Vereinigung "Associazione Pagliarte" mit Sitz in Berzona. Nachdem sie die Kunst des Flechtens und des Nähens von den letzten Verwahrerinnen dieses alten Wissens erlernt hatten, begannen die Handwerkerinnen, diese Tätigkeit in ihrer Freizeit bei sich zuhause auszuführen. Zum Nähen von Stroh (das bereits gefärbt und geflochten von einem Großhändler aus Florenz eintrifft) verwenden die Handwerkerinnen Nähmaschinen aus zweiter Hand, die sie bei Schustern aus der Gegend erworben haben. Dabei handelt es sich um echtes Antiquariat, denn einige dieser Maschinen sind von Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Handwerkliche Produktion von Pagliarte ist extrem vielseitig und besonders kreativ: außer dem Flechten von Stühlen, Hockern und Flaschen werden in der Werkstatt in Berzona Hüte und Taschen nach den traditionellen Modellen hergestellt. Hinzu kommen zahlreiche andere Kreationen wie Körbe, Vasen, Kerzenständer, Untersetzer für Teller und Gläser, Kissen, Pantoffeln, Brillenetuis, Damentaschen, Gürtel, Ketten, Anstecknadeln und Haarklammern. Die Handwerksprodukte werden in der Regel im Einzelhandel direkt vor Ort verkauft oder auf regionalen Kleinmärkten.

LERNEN UND WEITERGABE

Die alten Frauen, die das Wissen um diese Handwerkstechnik bewahrten, haben eine Gruppe williger junger Frauen die Kunst des Flechtens gelehrt.

Weitere Informationen

Autor der Karteikarte

SVIZZERA Canton Ticino - Centro di Dialettologia e di Etnografia - Giovanna Ceccarelli

Wissenschaftlicher Leiter

Giovanna Ceccarelli

Veröffentlichungsdatum

21-LUG-2015 (Giovanna Ceccarelli)

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